Eigentlich und ursprünglich wollte ich diesen Beitrag „Zurück aus der Versenkung“, „Lebenszeichen“ oder „Back from Black“ nennen. Aufgrund einiger Ereignisse und Umstände der letzten Wochen und Monate erscheint mir das nun nicht mehr passend. Dazu später mehr….
Dieser Beitrag soll nichtsdestotrotz eine Art Rückkehr aus diesen mehreren Monaten der Abstinenz, zwar nicht unfreiwillig, aber doch unbeabsichtigt, werden. Daher jetzt ein Überblick mit ausschnittsweisen Vertiefungen der Ereignisse meines Sommers – so man denn meteorologisch von einem Sommer sprechen kann…
Bachelor-Party
Zur Feier der Tatsache, dass sich nun alle drei, der Schafskopf, der Gitarrist und der Hase, „Bachelor of Science“ nennen dürfen, zu einem kleinen Teil wohl auch als eine Art Abschied für den Schafskopf, der uns für ein halbes Jahr nach Spanien verlässt (Aber vielleicht empfinde nur ich das so…), veranstaltete die Hasen-WG eine „kleine“ Party.
Als besonderes Schmankerl hatten sie sich – ganz die Chemiker, die der Schafskof und der Hase nunmal sind - überlegt, sich Trockeneis zu verschaffen und damit den Cuba Libre im kleinen Bierzapfturm optisch zu veredeln. Also fuhren der Hase und ich mit den Fahrrädern – die Semesteröffitickets waren nicht mehr gültig, das Semester war offiziell schon vorbei – zu dem Shop, den sie im Internet gefunden hatten. Nachdem es schon mal eine Challenge war, dort auf das Gelände zu kommen, weil das erstens nicht sonderlich gut ausgeschildert war, zweitens in einer Kurve angesiedelt und daher nicht gut einsehbar war und wir drittens wohl einfach zu doof sind, kam das Ärgernis dann erst zuhause.
Die weiteren Vorbereitungen der Party gestalteten sich äußerst schwierig. Grund dafür war der Gitarrist, der an diesem Freitag noch arbeiten musste und nach der Arbeit offenbar noch ein Feierabendbier trinken ging. Er wollte um 18:00 Uhr zuhause sein, zuvor hatten wir ihn noch angerufen, er möge doch bitte noch bitte noch Fertigblätterteig für die Partyhäppchen, der uns ausgegangen war, und Mineralwasser, das wir vergessen hatten, mitnehmen. Diese Aufgabe schaffte er zwar noch zu erledigen, allerdings wurde es immer später und er tauchte nicht auf.
Partybeginn war für 21:00 Uhr angesetzt, in der Badewanne sollten alle Getränke im kalten Wasser eingekühlt werden. Da keine Dusche an sich vorhanden ist, mussten wir warten, bis der Gitarrist nach Hause gekommen war, weil der auch noch duschen wollte. Als um kurz nach 20:00 Uhr der erste Partygast, der schon in der Nähe gewesen war, eintraf, war der Gitarrist immer noch nicht da. Schließlich traf auch bereits die Gitarristenfreundin ein, mit der ich witzelte, ob er es wohl noch vor Partybeginn schaffen würde. Sie bezweifelte es und äußerte sich sehr frustriert und genervt von dieser Eigenschaft (Immerhin messen wir in unserem Freundeskreis Verspätungen schon in „Gitarristen“. Eine halbe Stunde Verspätung ist ein Gitarrist.).
Als er sich dann schließlich doch dazu herabließ, aufzutauchen, entschuldigte er seine Verspätung mit dem Feierabendbier, das er noch mit seinen Kollegen genoss. Obwohl nicht ich in einer Beziehung mit dem Gitarristen lebe und es eigentlich ja auch nicht meine Party war, war ich ziemlich sauer. Ein Feierabendbier schön und gut, aber das trinke ich um spätestens 18:00 Uhr. Und wenn ich selbst um 21:00 Uhr eine Party in meiner eigenen Wohnung schmeiße, bleibt es bei dem einen Bier. Der Hase meinte, das wäre einfach der Gitarrist: Immer dabei, Kontakte zu knüpfen, immer am „networken“, wie es so schön Neudeutsch heißt. Ich antwortete etwas bissig: „Er hat wohl eher Angst, was zu verpassen, wenn er nicht dabei ist. Da sollte er lieber Angst haben, seine eigene Party zu verpassen!“ Wie sich herausstellte, war ein Teil der Arbeitskollegen dann sogar noch zu Gast auf der Party… (Ich werde diese Networking-Ich-muss-überall-dabei-sein-Sache wohl nie ganz verstehen.)
Nachdem er dann endlich duschen war, konnte schließlich die Badewanne gefüllt und der Bierzapfturm als Hingucker in Szene gesetzt werden. Das kann ich euch natürlich nicht vorenthalten!
So, ich hab' jetzt zwar keine Ahnung, wie ich die Bilder nebeneinander bekommen hab', aber eigentlich gefällt mir das so. ;)
Ich war die ganze Party über immer wieder damit beschäftigt, jegliche Rum-Vorräte, die in der WG vorhanden waren – egal, ob extra für die Party gekauft oder schon vor ewigen Zeiten auf anderen Partys eingeschleppt und archiviert -, aufzubrauchen, um für immer neuen Cuba Libre-Nachschub zu sorgen. Dabei durfte natürlich neues Trockeneis nicht fehlen. Obwohl ich selbst ja Geisteswissenschaftlerin bin und mit Chemie genau gar nichts am Hut habe (und auch genausoviel davon verstehe^^), hatte ich das am Ende der Party schon ganz gut drauf. ;) Jeder Partygast, beinahe ohne Ausnahme, war vom einen aufs andere Mal fasziniert von den Rauchschwaden, die aus dem Cuba Libre-Turm krochen.
Alles in allem habe ich viele Freunde wiedergesehen, viele Paare, von denen sich wohl viele vor der Party noch gar nicht kannten, eher unfreiwillig beim Schmusen beobachtet, viele Dinge über Freunde und Studienkollegen herausgefunden und so die Zeit bis um 5:30 Uhr morgens überbrückt. Beim Beobachten des Sonnenaufgangs über den Dächern der Stadt, von dem man dank ebendieser nicht so viel gesehen hat, kam mir in den Sinn, dass ich schon lange nicht mehr wach war, bis es hell wurde.
Sommerrodeln
Zum Abschied aus ihrer langjährigen Tätigkeit als unsere Jugendleiterin wurde das Schneiderlein von uns mit einem Ausflug zu einer Sommerrodelbahn beschenkt. Bei der Größe unserer Gruppe – vor allem, weil ihm Laufe der Jahre ein Kommen und Gehen entstand – ist es gar nicht so einfach, einen Termin festzulegen, bei dem auch möglichst viele von uns Zeit haben. Wir haben’s aber schließlich doch geschafft.
Wir haben uns als sportliche Gruppe natürlich die Bergfahrt mit dem Sessellift gespart und sind zu Fuß den Weg zur Bergstation angetreten. Bei uns sind fast alle mehr oder weniger sportlich, allerdings gehen einige wohl öfter wandern als andere. (Ich meine: Wo soll ich denn in der Großstadt auch einen Berg zum Raufwandern finden?!) Die paar Hobbywanderer haben also das Tempo vorgegeben, alle anderen sind hinterher – ich möchte schon fast sagen – gerast. Ganz vorne mit dabei: meine beiden Geschwisterherzen, beide eher Couchpotatoes, vor allem meine Schwester, die ihre Leistung dann aber sogar noch stolz meiner Mutter weitererzählt hat (und für ihre Unvernünftigkeit eine auf den Deckel bekommen hat: „Eh das ganze Jahr nichts machen und dann komplett untrainiert einen Berg raufrennen…“).
Ich hab‘ mich nicht hetzen lassen. Zu allererst hab‘ ich ja noch halbwegs mitgehalten, war irgendwo in der Mitte. Als es mir dann aber nass das Bein hinunterrannte, musste ich anhalten, um festzustellen, dass meine Schwester beim Verstauen ihrer Wasserflasche in meine Tasche den Druckverschluss meiner Wasserflasche geöffnet haben musste. Das Los der großen Schwester, die ihren Geschwistern ihre sieben Sachen hinterherträgt, wurde mir also mit Flüssigkeit in meiner Tasche, auf meinem Handy und so weiter, verdankt. Und natürlich war’s kein Wasser, sondern verdünnter Sirup…
Mit dem Aufwischen dieser Sauerei verlor ich meinen Platz im Mittelfeld der Gruppe. Im Endeffekt hätte ich den aber sowieso über kurz oder lang aufgeben müssen. Ich bin Kurzstreckensportler, verdammt! Mein sportliches Leben bestand aus Tennis, Reiten und Volleyball. Zwar bis auf Reiten alles Laufsportarten, aber eben nur ein paar Meter das Feld entlang und in der Ebene!
Zu allem Überfluss bin ich auch noch mit den falschen Schweißgenen für solche Torturen ausgestattet. Ich hab‘ nur ein äußerst geringes Temperaturfenster, in dem ich mich wohlfühle, weder friere, noch schwitze. Dem Frieren ist ja mit mehr Kleidung und Bewegung noch beizukommen, aber bei kurzer Hose und kurzem T-Shirt ist dann nicht mehr viel zum Ausziehen da. Danke dafür übrigens, Papa…!
Also bin ich mit ein paar Nachzüglern, in erster Linie mit der jammernden Schwester der Gitarristenfreundin, hintennachgehechelt. Dafür hab‘ ich mir dann auch noch Sprüche wie „Ich dachte, du wärst sportlich!“ anhören dürfen. Ich hab‘ mich mit „Ja, schon, aber ich bin Kurzstreckensportler!“ zu rechtfertigen versucht, allerdings hat der Hase, der neben der Urheberin des Spruches stand, mich damit verteidigt, dass ich gemeinsam mit der Schwester der Gitarristenfreundin gehen würde. Das wahrt zwar irgendwie mein Gesicht, aber eigentlich war’s mir nicht ganz so recht, mich nur mit dieser Halbwahrheit aus der Affäre zu ziehen.
Nach und nach sind wir Nachzügler zu einer netten, kleinen Gruppe von 4 Personen herangewachsen und haben uns nicht hetzen lassen. Bei ihrer Geschwindigkeit ist den anderen nämlich so einiges entgangen, zum Beispiel die Waldhimbeeren am Wegesrand, an denen wir uns genüsslich labten. :) Die restliche Zeit des Fußmarsches habe ich damit verbracht, das Jammern zu ignorieren und die Schwester der Gitarristenfreundin bis zum Ende zu motivieren.
Bei der Abfahrt in der Einzelrodel bin ich dann wohl ein bisschen zu vorsichtig gefahren, die Passagiere hinter mir – die wohl auch schon ein paar Runden hintereinander gefahren sind und die Strecke kannten, immerhin war ich das letzte Mal vor zig Jahren dort – waren mir schon dicht auf den Fersen.
Ferialjob
Diese vier Wochen haben mich insgesamt sehr geflasht, teilweise weiß ich immer noch nicht ganz mit den Ereignissen und Erfahrungen umzugehen. Auf jeden Fall war die Arbeit wirklich, wirklich interessant und spannend, ich habe eine Menge gelernt (vor allem im Bereich der Gebärden) und würde diese Erfahrung nicht missen wollen.
Trotzdem waren diese vier Wochen anstrengend, sowohl körperlich als auch psychisch. Vor allem die immer wieder kehrenden Fragen nach einer Brieffreundschaft, meinen Eltern, meinen Geschwistern, meinem Freund und so weiter, die vorwiegend von einer einzigen Klientin kamen, schlauchten mich. Ich habe mich aber trotzdem immer bemüht, freundlich zu bleiben und zu antworten. Die Frage nach einer Brieffreundschaft, die bereits an meinem ersten Tag, 2 Stunden nach Arbeitsbeginn kam, hat mich besonders überrascht, ich hab‘ es jedoch geschafft, das Thema zu umschiffen, indem ich sagte, dass sie mich ja jetzt eh vier Wochen lang jeden Tag sehen würde. Und danach würden wir weitersehen. Außerdem habe ich versprochen, eine Ansichtskarte aus dem Urlaub zu senden.
Mein persönliches Highlight an Fragen war die eine Frage, die jeden Tag mindestens einmal kam: „Wo wohnst du?“ Geduldig habe ich die ersten paar Mal erklärt, dass ich eigentlich eine eigene Wohnung in der Studienstadt hätte, im Moment aber bei meinen Eltern in der Heimatstadt wohnen würde, da ja Ferien wären. Nach zwei Wochen habe ich angefangen, freundlich zurückzufragen: „Wo wohne ich?“ Ganz wie es die Hasenfamilie bei Nummer 1 gemacht hat, als er noch in der Warum?-Phase war. Da der fragende Klient geistig ungefähr so alt war wie Nummer 1 jetzt, hat es wunderbar funktioniert.
Besagter Klient war auch körperlich der anstrengendste von allen. Vor allem, wenn weder die Behindertenpädagogin, noch die Ergotherapeutin (die ich in meinen 4 Wochen ungefähr 4 Tage lang zu Gesicht bekommen habe) da waren, ließ er alles an mir aus. Offenbar sucht er sich dafür immer die Frauen aus… Und den Zivildiener, mit dem ich mich übrigens wirklich gut verstanden habe.
Der Klient hat das Bedürfnis, ständig zu kuscheln, einen zu drücken oder den Arm „kaputt“ zu schütteln. Meistens funktionierte es ganz gut, wenn ich ihm sagte (Er hat ein Hörgerät.), dass es jetzt genug sei, beziehungsweise mir von ihm den Arm wieder zusammenschrauben ließ, sonst könne ich ja nicht arbeiten. Eines Tages jedoch, als er nicht aufhörte und ich ihn wiederholt bat, es jetzt sein zu lassen, hatte er sich offenbar nicht mehr unter Kontrolle und schlug zu. Er traf meinen Arm, es war nicht schlimm, ich hatte schon wesentlich Schlimmeres erlebt, aber es war einfach ein NoGo. Ich sprang aus dem Bürosessel im Geschäft auf, das ich gerade betreute, und sagte ihm laut und eindringlich, dass es keine Art wäre, mich zu schlagen. Er versuchte es noch einmal, zielte dabei auf meine Hand, traf aber nicht. Herbeigerufen von meiner Lautstärke kam der Werkstättenleiter, selbst auch schwerhörig, und sagte zu ihm, er dürfe mich nicht schlagen, ich sei ja eine Frau.
Pädagogisch nicht ganz das, was ich gesagt hätte, schließlich darf man auch Männer nicht schlagen, aber naja… Nicht mein Bier.
Insgesamt war das aber ein Symptom eines eher miesen Tages. Ich hatte schlecht geschlafen, dann kam auch noch das hinzu. Außerdem hatte der Klient die Angewohnheit, ab einer gewissen Uhrzeit immer eine Duftwolke nach Urin nach sich zu ziehen. Ob da die komplette Ladung in die Hose ging oder nur Teile nicht dahin gingen, wo sie sollten, weiß ich bis heute nicht.
Nun weiß ich jedenfalls, dass ich mir die Arbeit mit behinderten Menschen auch für eine längere Zeit vorstellen kann, im Moment traue ich mir die Anwendung der Gebärdensprache im Berufsalltag jedoch noch nicht zu. Dafür bin ich einfach noch zu wenig sattelfest. Da heißt es weiterüben! :)
Allerdings möchte ich bis zu meinem tatsächlichen Berufseintritt auch noch andere Möglichkeiten, mit behinderten Menschen zu arbeiten, ausprobieren. Die Arbeit mit behinderten Kindern würde mich im Moment noch besonders reizen.
Polterei
Als Trauzeuge und Zubraut fiel es dem Hasen und mir zu, die Polterei für die beste Freundin zu organisieren. Sie hatte mir dazu genaue Vorstellungen genannt, wie und wo die Feier steigen sollte. Ich kümmerte mich also erstmal um die Räumlichkeiten im Jugendraum, die Einladungen dazu schrieb sie selbst.
In den Emails stand, dass sich die Gäste zwecks Planung beim Hasen und mir melden sollten, was sich als eher langwierig und zäh erwies, da sich kaum jemand meldete. Erst kurz vor der Party an sich trudelten nach und nach die Anmeldungen ein.
Die Polterei an sich war dann aber sehr lustig.
Das Highlight war wie so oft das Naiverl, das erstmal zu spät kam und mitten im ersten Spiel hereinplatzte. Sie stürmte auf die Gitarristenfreundin zu und begrüßte diese, obwohl die mitspielte und aufgrund der Formation der Mitspielenden offensichtlich war, dass hier gerade ein Programmpunkt im Gange war. Nachdem sich das Naiverl endlich hingesetzt hatte und zur Bestrafung erstmal einen Schnaps trinken musste, quasselte es unaufhörlich weiter.
„Naiverl, sei jetzt endlich mal ruhig!“
Nun konnte das Spiel weitergehen, plötzlich erklang wieder die Stimme des Naiverls. An die Freundin der besten Freundin, die das Spiel soeben leitete, gerichtet, kam die Frage: „Wer bist denn du eigentlich?“
Später beim Pantomimen einiger Hochzeitsbegriffe (und auch anderer), weil die beste Freundin ein ziemliches Ass beim Spiel „Activity“ ist, schlug das Naiverl noch einmal zu. Beim Begriff „Strip-Poker“ zog die beste Freundin für den Wortteil „Strip“ die Schürze vom Dirndl, das sie als Verkleidung tragen musste, aus und legte sie unbemerkt zur Seite. Für den Pokerteil fächerte sie imaginäre Karten auf. Nach mehreren falschen Antworten von verschiedenen Seiten rief das Naiverl aus: „Lesung aus dem Buch Jesaja!“ Allgemeines Gelächter war die Folge, aber der Hase, meine Schwester und ich, die als einzige den Begriff schon kannten, wir konnten uns fast nicht mehr halten vor Lachen.
Als der Hase und ich ein paar Tage später mit dem Hasenbruder und der Hasenschwägerin über die Polterei und das Naiverl sprachen, meinten die, dass das Naiverl wohl schon betrunken war, als es kam. Und wir mussten etwas peinlich berührt zugeben: „Nein, die ist so…“
Aber die beste Freundin war zufrieden mit der Polterei und somit ist die Mission erfüllt!
Urlaub
Direkt am Tag nach meinem letzten Arbeitstag fuhren der Hase und ich mit der besten Freundin und dem Mathemagiker in den wohlverdienten Urlaub. Für die zwei wohl eine Art Vor-Hochzeits-Reise. ;)
Eine Woche Italien, hochverdiente Erholung nahe Venedig.
Obwohl wir bereits um 4:00 Uhr früh losfuhren, erwischte uns um 5:00 Uhr schon der erste Stau. Nach einem Erdrutsch oder sowas ging’s nur eher langsam voran. Aber wir kamen durch.
Während des Urlaubs machte ich mir einige Male Gedanken über den Mathemagiker, Gedanken, die mir im Nachhinein schon etwas peinlich sind. Trotzdem weiß ich bis heute nicht, was ich auf die Fragen, die ich mir insgeheim gestellt habe, antworten sollte. Ich habe mich ein paar Mal ernsthaft gefragt, ob ich denn mit dem Mathemagiker befreundet wäre, wenn er nicht mit der besten Freundin zusammen wäre.
Ich bin an sich ja kein übermäßig draufgängerischer Mensch, aber Angst habe ich trotzdem nicht vor vielen Dingen (Eigentlich nur davor, dass ich geliebte Menschen verlieren könnte. Und in weiterer Folge auch vor den Dingen, die sie mir wegnehmen könnten.). Der Mathemagiker fürchtete sich vor der Mittagssonne – Ja, ich weiß, mit der ist nicht zu spaßen, aber wenn wir erst um 10:00 Uhr frühstücken, aber zwischen 11:00 und 15:00 Uhr eigentlich nicht in der Sonne sein sollten, brauche ich nicht an den Strand zu gehen. -, vor Quallen, vor Gelsen und noch diversen anderen Dingen. Das fing irgendwann an, mich zu nerven.
Und obwohl die Heimfahrt sich sehr mühsam gestaltete, da wir schon nach wenigen Kilometern auf der Autobahn im Stau steckten und so erst die Grenze passierten, als wir nach der Berechnung des Navigationsgerätes schon zuhause hätten sein müssen, war es trotzdem alles in allem ein schöner Urlaub.
Eine Baustelle, eine Erkältung und ein Todesfall
Dass meine Eltern in den drei Wochen ihres Sommerurlaubes nicht fortfuhren, sondern zuhause die Baustelle wegen des neuen Badezimmers beaufsichtigten, fiel unglücklich mit einer starken Erkältung zusammen.
Diese hatte ich mir nach dem dreitägigen Besuch in Erding (Sollte ich in der Nähe irgendeines Bloggers herumgelaufen sein, ohne das zu wissen und gemeldet zu haben, tut es mir wirklich Leid, aber in 3 Tagen ist sowieso nicht viel zu machen.^^) beziehungsweise vor allem nach dem einen Tag in der Therme Erding, den wir neben der sich ständig öffnenden und schließenden Tür zum Raucherbereich (Also draußen…) verbrachten, zugezogen.
Unglücklich war dieser Zufall deswegen, weil die Badewanne nicht für Erkältungsbäder zur Verfügung stand und die Dusche im Keller nicht unbedingt Gift für eine Erkältung ist. Also verbrachten wir den Großteil der Zeit beim Hasen.
Nachdem ich meine Erkältung mit Schnupfen, Husten und Heiserkeit schon fast wieder überwunden hatte, traf es den Hasen. Zu allem Unglück erwischte es ihn an einem Familienwochenende der Hasenfamilie.
Am Samstag stand die standesamtliche Hochzeit der besten Freundin an. Ich versetzte an diesem Tag meine Friseurin in helle Aufregung, weil ich noch während des Friseurbesuchs in Schweiß ausbrach (Von meinen Genen habe ich euch ja schon berichtet. Außerdem war ich nicht gesund, aber todkrank war ich auch nicht!). Von den Glätteisenlocken, die ich mir unter anderem von der Friseurin hatte drehen lassen, überlebte nur eine einzige bis nach der Trauung, also von ca. 8:00 Uhr bis ungefähr 12:00 Uhr.
Am Sonntag wurde Geburtstag gefeiert. Nummer 1 und die Prinzessin hatten bis zu diesem Wochenende ausharren müssen, um die Geschenke aus der Hasenfamilie entgegennehmen zu dürfen. Nach der Feier verschwand der Hase plötzlich. Ich fand ihn schließlich voll bekleidet und schlafend in seinem Bett wieder.
Nachdem es uns beiden wieder einigermaßen gut ging, bekam ich eines Morgens, nachdem mein Handyakku über Nacht leer war, eine bestürzende Sprachnachricht, auf die hin ich in Tränen ausbrach. Ich saß also wieder mit rauer, belegter Stimme und schniefend am Frühstückstisch. Die Hasenmutter meinte: „Na, dir ging es aber auch schon mal besser?!“ Damit hatte sie zwar eindeutig Recht, aber nicht die Erkältung war – wie sie meinte – der Grund dafür.
Meine Mutter hatte mir auf die Mailbox gesprochen. Mein leiblicher Opa*, ihr Vater, war gestorben. Das traf mich mehr, als ich erwartet hatte.
Er hatte seinen Lebensmut verloren, nachdem ihn seine Frau im Frühjahr nach einem Herzinfarkt auf Gran Canaria verlassen musste. Er wollte einfach nicht mehr ohne sie leben, ging mehrmals täglich auf den Friedhof und, als er wegen Herz-Lungen-Problemen ins Krankenhaus kam, aß er kaum und verweigerte die Medikamenteneinnahme.
Fast einen Monat später habe ich diesen Todesfall dann dazu benutzt, um eine Verlängerung der Abgabefrist für eine Seminararbeit zu erwirken. Ich fühle mich (immer noch) recht schäbig deswegen und habe ein schlechtes Gewissen, aber eigentlich hatte ich wirklich nicht so recht Zeit und Nerven, eine Arbeit zu schreiben. Eine Prüfung habe ich immerhin schon gemacht.
*Meine leiblichen Großeltern hatten sich scheiden lassen, beide haben wieder geheiratet. Zum zweiten Mann meiner Oma sagen wir Opa, bei der zweiten Frau meines Opas hat sich das nie durchgesetzt.
Hochzeit
Um die größte Panik zu verhindern beziehungsweise um die Panikattacken zum Guten zu wenden, fuhren die Haseneltern und ich schon ein paar Tage vor der Hochzeit zur besten Freundin.
Sie hatte zuvor schon angerufen und leicht hysterisch berichtet, dass die Hälfte der Blümchen, die für die Namens-„Kärtchen“ vorgesehen waren, nicht zur Verwendung geeignet war. Als Retter in der Not waren der Hase und ich ins nächste Blumengeschäft gefahren und hatten noch 70 kleine Blümchen gekauft. Die waren zwar natürlich nicht dieselben, aber wir hatten dazu auch die Lösung parat: Die anwesenden Frauen bekommen die eine, die Männer die andere Sorte Blümchen. Krise abgewendet!
Als wir bei der besten Freundin ankamen, räumten wir erstmal Auto und Anhänger aus. Wir waren zu dritt und kamen für 5 Tage, sahen aber aus, als würden wir dorthin umziehen! Dann verschafften wir uns einen Überblick über die To-Do-Listen. Um Gottes Willen! Was da alles noch zu machen war! Nichts war so richtig fertig. Warum mussten die auch alles selbst machen?!
Wir setzten uns noch am ersten Abend hin, um zumindest die Ansteckbüscherl zu erledigen. Uns stand dann noch jede Menge Arbeit bevor: Menükarten, Heftchen für die Messe, Weinetiketten, und und und…
Zu allem Überfluss kam dann auch noch Besuch aus England. Die Geste war zwar wirklich, wirklich nett, weil die Familie, bei der die beste Freundin als AuPair war, ihren Urlaub extra so geplant hatte, dass sie zur Hochzeit kommen konnten, aber es war dann doch ein bisschen mehr Aufwand. ;) Außerdem kamen noch Hasenschwester und Hasenschwager samt den Neffen, die auch unterhalten werden wollten.
Man muss allen aber zu Gute halten, dass wirklich jeder seinen Beitrag geleistet hat. Und mit den Engländern hab‘ ich mich recht gut verstanden.
Am Tag der Hochzeit war um 7:30 Uhr Tagwache, da kam die Friseurin und ich muss als Zubraut ja schließlich der Braut beim Anziehen helfen. Der erste Dämpfer kam nach dem Aufstehen: Na super, es regnet. Nach der Frisur, dem Anziehen und den ersten Fotos davon hatte ich erstmal Zeit – wenn auch nur wenig -, um mich selbst umzuziehen. Natürlich haben wir Sachen zuhause vergessen, aber dem Himmel sei Dank nichts, was die Braut eventuell brauchen hätte können. (Gebraucht haben wir im Endeffekt sowieso nur Sicherheitsnadeln, aber trotzdem war die Tasche vollgepackt mit allem möglichen.)
Die beste Freundin hat in eine Region geheiratet, in der es Brauch ist, dass die Nachbarn die Straße absperren, eine Umleitung zu einem der Häuser einrichten, wo das Brautpaar dann eine Aufgabe zu lösen hat. Der Mathemagiker musste eine Sense ausbeulen, die beste Freundin hatte eine Turmrechnung vor sich. Der Hasenvater (selbst früher auch Mathematiklehrer, jetzt Direktor) stand daneben, rechnete mit und machte die beste Freundin auf einen Flüchtigkeitsfehler aufmerksam. Zur Belohnung gibt’s – Wie sollte es anders sein?! – einen Schnaps. Klasse, so ein Frühstück. Nach einer Banane, die ich mir mit der besten Freundin zum Frühstück geteilt hatte, und einer Tasse Tee gibt’s nun einen Schnaps auf quasi leeren Magen. Und das noch vor der Trauung!
Vor der Kirche gab’s das erste Desaster: Der Blumenschmuck im Haar hielt nicht! Nachdem wir gefühlt ewig mit den Sicherheitsnadeln herumgespielt hatten (erster Einsatz für die Sicherheitsnadeln), kam eine befreundete Friseurin hinzu, besah sich das Malheur und meinte, sich eine der eigenen Haarnadeln aus der Frisur zupfend: „Das kriegen wir schon hin!“ Im Laufe der Feier löste sich der Blumenschmuck noch ein oder zwei Mal, die beste Freundin ließ es sich einfach jedes Mal von der Friseurin richten. Nur zuhause hatte dann ich das Vergnügen, alles wieder herauszulösen.
Während der Messe brach statt der Braut dann ich in Tränen aus. Ganz so stimmte das nicht, allerdings gab’s bei mir wesentlich mehr Tränen als bei ihr. Doch nicht (nur) aus Rührung, sondern vor allem deswegen, weil der Hasenvater bei den Fürbitten über die verstorbenen Angehörigen meinen Opa auch erwähnte. Bis zu dem Zeitpunkt wussten nur der Hase, die Haseneltern, die Tochter der Engländer und der Hasenschwager, der das Gespräch zwischen mir und der Engländertochter zufällig mitbekommen hatte, davon. Ich wollte auch einfach das Brautpaar damit nicht behelligen, die hatten sowieso schon genug Stress. Ich wollte mich den ganzen Abend über beim Hasenvater für diese Geste bedanken, bekam aber nie so richtig die Gelegenheit.
Vor der Messe bat ich den Hasen, mir meine Tasche mit hinein zu nehmen, beim Einzug mit dem Mathemagiker konnte ich sie nicht brauchen. Der probte noch mit der Geschwisterband das eine Lied, das sich das Brautpaar gewünscht hatte und stellte dazu die Tasche in der Kirche ab. Blöd nur, dass sie schlussendlich auf der anderen Seite stand. Jetzt saß ich Schnupfennase verheult in der Kirche und kam nicht an meine Taschentücher ran. Die paar, die ich dann vom Hasen bekam, legte ich mangels Alternative neben mir auf die Bank, wo sie die Hasenschwägerin, die hinter mir saß, während der Messe fand und in irgendeinen Karton räumte. Ich klärte sie und den Hasenbruder flüsternd über meine Misere auf, was sie zu einem breiten Grinsen veranlasste.
Die Tochter der Engländer saß die gesamte Messe über neben mir, sie durfte nämlich die Schleppe tragen und wollte dann nicht mehr quer durch die Kirche zurück zu ihrer Familie laufen. Daher bat sie mich, ihr einen Platz zu reservieren. Während der Lieder, von denen sie natürlich kein Wort verstand, fuhr ich ihr mit dem Finger die Textzeilen nach, damit sie zumindest wusste, wo wir gerade waren.
Zum Auszug aus der Kirche spielte der befreundete Organist ein Überraschungslied. Der Hasenbruder, der Hase und ich fuhren quasi gleichzeitig herum und sagten: „Das ist jetzt aber nicht…“ Es war aber doch eine Orgelversion von Gigi D’Agostinos L’amour toujours. (Der Link führt zu einem Youtube-Video.) Wir mussten uns schon sehr zusammenreißen, um nicht laut loszulachen.
Das Essen war wirklich lecker, da fing aber der Stress schon an. Das Programm war wirklich schwer zu planen, vor allem, da die Essenszeiten doch sehr unterschiedlich waren. Während wir am Brauttisch schon seit einer halben Stunde mit dem Essen fertig waren, hatte der letzte Tisch noch nicht einmal etwas bekommen. Nachdem der erste Programmpunkt dann aber doch geschafft war, kam die nächste Hürde: Hochzeitstortenanschnitt oder Zeit für Gratulationen? Hin und her, hin und her, jeder sagt was anderes. Bis ich ein Machtwort sprach: „Wir schneiden jetzt die Torte an, die zerrinnt nämlich sonst!“ Im Kühlraum war nämlich kein Platz mehr, also stand sie war kühl, aber nicht so kühl, um das Zerrinnen der Glasur zu verhindern.
Das Programm lief dann gut, allerdings blieb mir keine Zeit für irgendwas. Nicht einmal, um zu trinken. Die einzige freie Zeit nutzte ich dazu, um mich umziehen zu fahren, weil mich die hohen Schuhe langsam umbrachten.
Um 2:00 Uhr früh folgte die unvermeidliche Diskussion: Wer fährt heim? Eigentlich war der Plan, dass der Hasenvater Taxi spielte, aber da standen wir vor dem Problem, wie der Hasenbruder zu seinen Schwiegereltern, die lustigerweise im selben Ort lebten, kommen würde. Ich war zwar hundemüde, konnte aber noch fahren. Die Hasenschwester hätte sich zwar auch angeboten, aber da die im Wohnmobil neben dem Gasthaus schlafen würde, wäre das eher sinnlos gewesen. Also fuhr ich mit dem Auto von bester Freundin und Mathemagiker nach Hause. Aber erst um 4 Uhr früh. Welch‘ ein wundervolles Ereignis! Ein fremdes Auto, das ich zuvor erst einmal (auch nach einem Event, bei dem es Alkohol gab und ich in weiser Voraussicht nichts bestellte…) gefahren hatte, Nebel, Müdigkeit, 4 leicht betrunkene Mitfahrer und – ein Feldhase auf der Fahrbahn!
Meine letzte Handlung in der Hochzeitsnacht war der Versuch, das Brautpaar zur letzten Überraschung des Tages in die Küche zu bugsieren. Dort hatten die Geschwister der Braut samt Partner eine Überraschung geplant. Eigentlich war es richtig Glück, dass es die gab und dass die Hasenschwester und das Hasenschwager zum Aufbauen hingefahren sind. Sonst wäre womöglich noch der Bauernhof abgebrannt.
Bei dem schon etwas überstürzten Aufbruch zur Kirche hatten wir nämlich vergessen, erstens das Licht abzudrehen. Der Hase hatte diese Festbeleuchtung dann aber während der Absperrung wieder rückgängig gemacht, als er das Vergessene holte. Und zweitens war die Kaffeemaschine noch eingeschaltet. Es war schon keine Flüssigkeit mehr in der Kanne und der Boden war schon ganz angebrannt.
Nach dem Stress all dieser Tage im Voraus waren der Hase und ich am Tag nach der Hochzeit vom Aufräumen befreit. Das war auch bitter nötig, denn bei mir schlug die wohl doch noch nicht ganz ausgeheilte Erkältung wieder zu und der Hase hatte nach 2:00 Uhr früh doch noch einiges an Alkohol zu sich genommen. Wir brauchten auch nachher noch ein oder zwei Tage, um uns wieder vollständig zu erholen. Aber das Brautpaar ist glücklich und das ist die Hauptsache.
So, jetzt seid ihr wieder einigermaßen auf dem Laufenden und ich bin wieder einigermaßen in einen geregelten Tagesablauf gekommen. Respekt all jenen, die bis hier durchgehalten haben, das war doch ein ziemlicher Brocken. ;)