Eine Nation kann eine Mauer um sich her errichten, doch diese Mauer wird niedergerissen werden.
Krishnamurti (1895-1986), indischer Philosoph
Direkt unheimlich, wie manche Zitate, die ich (zumindest zum Großteil) zufällig auswähle, zum Thema passen...
Folgende Lage: In Österreich, diesem kleinen, wundervollen, aber doch teilweise etwas seltsamen Land, ist es verfassungsrechtlich niedergeschrieben, dass jeder männliche Staatsbürger im Alter zwischen 17 und 35 Jahren, sofern tauglich, den sogenannten Präsenzdienst abzuleisten hat. Bei moralischen Bedenken besteht die Möglichkeit, den 6-monatigen Grundwehrdienst beim Heer durch einen 9-monatigen Zivildienst in einer sozialen Einrichtung (als Sanitäter bei der Rettung, als Kindergärtner, als Behindertenbetreuer, etc.) zu ersetzen.
Zum heutigen Tage wurde darüber abgestimmt, ob diese Wehrpflicht in Verbindung mit dem Zivildienst beibehalten werden soll, oder ob ein Berufsheer eingeführt wird. Laut den aktuellen Meldungen, bleibt das System mit einer 60:40-Mehrheit bestehen.
Worüber ich persönlich aber hier bloggen wollte, sind zwei Umstände dieser Volksbefragung.
Zum einen ist das die enorme Hetze über das Medium der sozialen Netzwerke. Mich persönlich stört es unheimlich, wenn ich alle paar Minuten eine neue Meldung sehe, dass irgendjemand alle seine Freunde/Follower/Mitlesenden/whatever dazu auffordert, ja wählen zu gehen (Gut, der Meinung bin ich auch!) und ja das Kreuz bei der richtigen Stelle zu setzen. Mehrheitlich hab' ich Meldungen und Aussagen, die die Abschaffung der Wehrpflicht befürworten, gelesen. eine weitere Möglichkeit waren Statusmeldungen, die die Verärgerung der Postenden über das Ergebnis zum Ausdruck brachten, à la "Dummes, dummes Österreich!". Hallo? Das ist Demokratie! Fügt euch der mehrheitlichen Entscheidung!
Zum anderen war für mich der Informationsfluss über die einzelnen Möglichkeiten eine reine Frechheit. Ich weiß bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wie das Berufsheer hätte aussehen sollen. Und ich erwarte die Reformen, die für das Wehrpflichtsystem erst für einen Zeitpunkt nach der Befragung angekündigt wurden, mit einer gewissen Portion Schrecken. Wer weiß, vielleicht wäre angesichts der Reformen dann doch das Berufsheer besser gewesen?!
Als vorletzten Punkt möchte ich anführen, dass ich durchaus ein soziales Jahr befürworte. Oder einen 6-monatigen Präsenzdienst beim Bundesheer. Das ist dann Geschmackssache. Aber ich bin der Meinung, dass das für alle gelten soll. Für beide Geschlechter. Für Frauen und Männer. Warum denn auch nur die Männer?
Das Argument, dass Frauen zu schwach wären, um beim Heer mitanzupacken oder so, finde ich lächerlich. Erstens gibt es auch genug schwächere Männer, zweitens gibt es genug starke Frauen, drittens kommt es ganz auf die Art des Einsatzes an. An meinem eigenen Beispiel: Stundenlange Märsche mit einem Rucksack von 30 Kilo fände ich sinnlos, aber um bei einem Hochwasser (oder ähnlichem) Katastrophenschutz zu leisten, würde ich schon schwere Sandsäcke schleppen!
Angeblich könnte es ja durchgesetzt werden, dass auch Mädchen eingezogen werden, aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes. Ich hab' mir heute dazu allerdings einige Zeitungsartikel durchgelesen und bin nun eher skeptisch. Das überzeugendste Argument, das ich gelesen habe, war, dass die beiden Konzepte nicht vereinbar sind, da sowohl die Wehrpflicht als auch der Gleicheitsgrundsatz in der Verfassung stehen. Das macht sie gleichberechtigt.
Unter dem Deckmantel, der mir im Internet und im Bloggerkreis gewährt wird, kann ich ja kundtun, wie ich mich entschieden habe. Nämlich gar nicht.
Ich habe zwar gewählt (Nicht zu wählen, ist eines der dümmsten Dinge, die man überhaupt tun kann.), aber ich habe "weiß", also ungültig gewählt. Ich habe ganz einfach beide Möglichkeiten angekreuzt.
Zum einen, weil ich mich, wie gesagt, nicht entscheiden konnte, weil ich mich einfach nicht uninformiert für irgendetwas entscheiden will. Zum anderen, weil der von mir gewünschte Vorschlag nicht zur Auswahl stand. Und zum dritten, um ein Zeichen zu setzen, eben, dass ich unzufrieden bin, mit der Informationsauswahl.
Mich würde jetzt noch interessieren, wie viele wirklich auch ungültig gewählt haben. Die Wahlbeteiligung an sich liegt ja bei etwas über 50 Prozent. Mich würde interessieren, ob das auch angekommen ist.