Gestern im Zug hatte ich mit meinem Freund eine ziemlich angeregte Diskussion.
Ich lerne im Moment für eine Prüfung über "Heilpädagogik und Inklusive Pädagogik" Ende September. Dazu gibt's ein Kapitel über die Bildung behinderter Menschen in der NS-Zeit. In dieser Zeit wurden etwa 350.000 Zwangssterilisationen durchgeführt, ungefähr 200.000 davon bei Insassen von Heil- und Pflegeanstalten, im Zuge der Eugenik.
Eugenik ist im Prinzip "Erbhygiene", mit dem Ziel der Pflege des Erbgutes und der Vermeidung der Weitergabe von Schädigungen. Die Sterilisationen wurden bei sogenannten Erbkrankheiten durchgeführt, zum Beispiel bei "angeborenem Schwachsinn".
Mein Freund war der Meinung, dass eine Sterilisation gar nicht so dumm ist, um eine Weitergabe des kranken Erbgutes zu vermeiden. Er übersah dabei allerdings, dass diese Zwangssterilisationen (von dem mal abgesehen, dass ja niemand zu irgendwas gezwungen werden darf) vor allem bei geistig behinderten Menschen durchgeführt wurden. Also bei Menschen, die selbst nicht in vollem Ausmaß über diese Sinnhaftigkeit des Kinder Kriegens nachdenken könnten. Außerdem ist mittlerweile nachgewiesen, dass geistig behinderte Menschen normalerweise nicht geistig behinderte Kinder bekommen. Körperbehinderte sind ja eigentlich durchaus in der Lage, ihre Situation abzuschätzen und zu entscheiden, ob sie fähig sind, ein Kind zu erziehen.
Ich selbst finde es auch erschreckend, dass es Eltern in Deutschland bis 1991 vor der Volljährigkeit des Kindes erlaubt war, zu entscheiden, ob ihr Kind sterilisiert wird oder nicht. Vor allem bei weiblichen, intellektuell beeinträchtigten Menschen wurde diese Methode auch in Österreich bis zum Verbot im Jahre 2001 angewendet.
Im Endeffekt bin ich immernoch der Meinung, dass die Sterilisationen nicht gerechtfertigt sind. Schließlich ergibt sich das Recht auf Kinder aus den Rechten auf Menschenwürde, Gleichheit und freie Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Ehe und Familie und dem Benachteiligungsverbot gegenüber Menschen mit Behinderung.
Wie denkt ihr darüber?
Eine annähernd zum Thema passende Anekdote zum Schluss:
Auf derselben Zugfahrt in demselben Abteil war eine Oma (Sie hat von ihren Enkelkindern gesprochen, sonst hätte ich "ältere Dame" gesagt.^^), die uns raten wollte, doch noch während des Studiums Kinder zu bekommen. Wir hätten dann immer irgendeinen Studienkollegen, der mal schnell auf das Kind/die Kinder aufpasst. Später, wenn man schon mal im Berufsleben steht, ist die Karriere wichtiger, angeblich.
Sie hat da halt von ihrer Tochter gesprochen, schon 35 Jahre alt und jetzt 2 Kinder von 6 und 3 Jahren.
Ich war leicht überfordert. Ich meine, ich bin doch erst 19, stehe am Anfang meines Studiums und, obwohl ich mit meinem Freund nur schon besprochen habe, wie viele Kinder er möchte, hab' ich noch keine Vorstellung davon, wann ich meine Kinder möchte.
Als Gegenbeispiel zu dieser fremden Frau hätte ich übrigens die Schwester meines Freundes. Sie hat einige Jahre bei einem Radiosender gearbeitet, war jetzt in Karenz (Ihr Sohn ist 1 Jahr alt.), während der 3 Monate Vaterkarenz, in der ihr Mann gerade ist, arbeitet sie wieder und dann geht sie wieder in Mutterschutz. ;)
Irgendwie hat die Oma zwar recht, aber ich denke nicht, dass ich in ein, zwei Jahren schon bereit bin, ein Kind zu bekommen.