Am Samstag gehe ich kurzerhand zu einem Konzert der Hippie-Cellistin. Der Hase kommt mit, die Bratschistin ist (in ihrer Rolle als Schwester der Hippie-Cellistin schon fast gezwungenermaßen) auch da, genauso wie der Sonderschullehrer und die Volontärin.
Ein Improvisationskonzert.
Ich wusste ungefähr, was mich erwartete, hatte schon einmal ein Improvisationsstück der Hippie-Cellistin gesehen und gehört. Nicht unbedingt meine Lieblingsmusik, aber um der Hippie-Cellistin willen...
Nach der Ankunft muss ich sofort an die frische Luft. Ich weiß nicht, was den Ausschlag gegeben hat, aber die aufsteigende Übelkeit muss bekämpft werden. Sie verflüchtigt sich in leichte Bauchschmerzen.
Das erste Stück, das mit dreimaligem Ab- und wieder Aufdimmen der Beleuchtung angekündigt wird, ist vom neu gegründeten Trio der Hippie-Cellistin. Es steht eine Mikrowelle mitten auf der Bühne und der Hase sagte schon im Vorfeld: „Da macht jetzt dann wer Popcorn...“ Tatsächlich. Und nach mehrmaligem Herumbasteln an den Einstellungen legen alle beim „Pling!“ der Mikrowelle ihr Instrument nieder.
Danach eine Soloimprovisation. Mit der Stimme. Fesselnd. Ungewöhnlich, aber weghören ist unmöglich. Ich sitze zentral in der Mitte des Publikumsraumes, quasi im Kreuzfeuer der Boxen. Gedanken, die in wirbelnden Strömen durch mein Hirn rasen, und von denen doch kein einziger so richtig fassbar ist. Moment, „singt“ die da jetzt wirklich alleine dreistimmig?!?!
Danach eine Pause, wir sprechen leicht verstört über die Darbietung. Plötzlich meint der Hase: „Unser altes Auto hat sich auf der Autobahn auch so angehört...“ Spricht das jetzt für den alten Toyota oder eher für die Solistin?
Nach der Pause noch eine etwa halbstündige Darbietung von einem Trio, das offenbar unter der Leitung der Lehrerin der Hippie-Cellistin steht.
Mit den ungewöhnlichsten Dingen werden die Saiten der verwendeten Horizontalsaiteninstrumente (Und damit halte ich mich an die Beschreibung in dem offiziellen Programmblatt, das ausgegeben wurde.) zum Schwingen und Klingen gebracht, Klangschalen, Holzstäbchen, Gläser,... Ist das ein aufziehbares Spielzeugauto?!
Sie spielen, bis Blut fließt, und noch weiter.
Das Chormitglied, das wir an diesem Abend als die Begleitung der Bratschistin kennen lernten, fragt uns im Anschluss, was wir da jetzt interpretieren würden.
„Keine Ahnung...“, war meine vorsichtige Antwort.
„Also, zum Schluss war's für mich ein Liebeslied“, hört man vom Sonderschullehrer, der mit der Volontärin und der Hippie-Cellistin unabhängig offenbar dasselbe Gesprächsthema aufgegriffen hat.
Der Hase zuckt die Schultern.
„Irgendwie erinnern sie mich ja an Schimpansen auf Koks“, meint das Chormitglied.
Erleichtert über diese freche Feststellung, sage ich grinsend das, was mir schon von Anfang an durch den Kopf spukt: „Ich dachte eher an enthemmte, vielleicht epileptische Erdmännchen.“
Wir lachen.
Es ist mir nach wie vor unverständlich, wieso man als Musiker, die doch immer so bedacht sind auf ihre sündhaft teuren Instrumente, die sie ja auch ein Stück weit lieben, sein Klavier (oder ähnliches) mit einem Stück Holz malträtiert. Oder mit einem Eisenstäbchen über die Saiten schrammt. Das will einfach nicht in meinen Kopf.
Aber es ist mir immer wieder ein Genuss, zu sehen, wie schnell man sich mit manchen Menschen gut versteht. So wie mit dem Chormitglied. Ein quasi unbekannter Mensch, mit dem man nach wenigen Minuten und nur wenig Gespräch herzlich lachen kann.