Wie das Leben so spielt...: Schuldgefühle
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13
Oktober
Schuldgefühle

Der Schafskopf und der Gitarrist sind zu einer Party eingeladen, veranstaltet von einem ihrer ehemaligen Schulkollegen, und damit auch von einem Schulkollegen des Hasen. Der Ort des Geschehens ist einer der gehobeneren Bezirke der Stadt, wodurch das Motto der Feier an Witz gewinnt: „Kik-Party – Das Outfit darf maximal 15€ kosten.“
Während der Hase und ich den Nachmittag mit Lernen, dem Ausdrucken von Lernunterlagen und Shoppen im Möbelhaus (Warum ist es eigentlich mit Regelmäßigkeit so, dass wir zwar wegen mir hinfahren, aber im Endeffekt nur der Hase etwas kauft? Aber das ist eine andere Geschichte.) verbringen, stellen sich der Schafskopf, der Gitarrist, die Griechin (die Schafskopf-Freundin), eine Freundin von ihr und der blonde Volleyball-Tiroler ihre Outfits zusammen. Von pinken Tigertatzen-Hausschuhen mit Glitzerkrallenlack über blasslila Bademäntel zu Boxershorts in Übergrößen ist alles dabei.
Abends ist Treffpunkt in der Hasen-WG. Der Taekwondoin kommt zum Essen und Biertrinken vorbei, die Stimmung ist ausgelassen ob der Scherze, die der Schafskopf mit dem 10-Cent-Zauberstab, den er erstanden hat, treibt. Nach und nach treffen auch die anderen Partygäste ein. Schlussendlich wird sogar der Taekwondoin, der eigentlich nur noch ins Bett wollte, mit ein paar Accessoires dazu überredet, mitzukommen. Erst nach wiederholten und wieder wiederholten Aufforderungen, endlich aufzubrechen, setzt sich die Truppe dann in Bewegung.

Nachdem die Partywütigen abgezogen sind, sitzen der Hase und ich auf der Couch, schweigen uns an. Ich merke, dass ihn etwas beschäftigt, kann mich aber erst nach ein paar Minuten dazu durchringen, ihn danach zu fragen. Ich bin selbst damit beschäftigt, dass uns offenbar niemand dabei haben wollte. Den Hasen plagt dasselbe Problem. Mit ein paar Zusätzen.
„Ich hab‘ das Gefühl, alle meine früheren Freund vernachlässigt beziehungsweise sukzessiv verloren zu haben.“
Ich schlucke. Da schwingt unterschwellig eine Schuldzuweisung mit. Es folgt wieder Schweigen. Ich merke zwar am Rande, dass der Hase noch versucht, sich irgendwie zu erklären oder etwas hinzuzufügen, ob er es im Endeffekt getan hat, kann ich nicht sagen. Der Gedanke „Nicht weinen!“ nahm meine ganze Konzentration in Anspruch. So sitzen wir eine Weile, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt, jeder auf einen anderen Punkt im Raum starrend, der Hase mit seiner Hand auf meinem Oberschenkel.
An irgendeinem Punkt stehe ich auf, muss weg. Ich sperre mich auf der Toilette ein, mit den Tränen kämpfend. Ich sehe mich im Spiegel und merke, dass man mir schon ansieht, wie nah am Heulkrampf ich schon bin. Was mich nur noch mehr fertig macht. Ein Teufelskreis.
Nach meiner Rückkehr geht das Spiel von vorne los, bis ich aufstehe, mein herumliegendes Zeug schnappe und gehe. In das Zimmer des Hasen, ich muss mich beschäftigen, um nicht in Tränen auszubrechen. Ich fange an, meine Sachen zu sortieren, aufzuräumen.
Der Hase folgt mir nach einer Weile, sieht mir eine Zeit lang schweigend zu, fragt mich dann, was ich da mache.
„Aufräumen.“
„Was?“
„Aufräumen.“
„Ja, aber wieso?“
Ich zucke mit den Schultern, gehe hinaus, um etwas an seinen Platz im Bad zu stellen. Als ich wiederkomme, steht der Hase im Türrahmen, hält mich fest. Ich schlucke schwer. Er meint, er habe mich lieb (Die berühmten drei Worte findet er zu abgedroschen, vor allem den Wechsel vom Dialekt auf das Hochdeutsche findet er seltsam.) und er bereue nichts. Ich kann mich nicht mehr beherrschen, die Tränen rollen über meine Wangen, tropfen auf seine Schulter. „So hat das vorhin aber nicht geklungen…“, presse ich hervor.

Was folgt, ist eine Art Grundsatzdiskussion. Ich habe gedacht, ich hätte mich klar genug ausgedrückt und es wäre im beiderseitigen Interesse, wenn wir mehr Zeit, vor allem mehr Wochenenden, in unserer Studienstadt verbrächten, dort weggehen würden, Leute, Lokale und Festivitäten kennen lernen würden. „Wenn ich nur zuhause sitzen will, hätte ich das in unserer Heimatstadt auch tun können! Zwar immer noch teurer, weil ich dann 40€ für die Hin- und Rückfahrt zahlen muss, aber dazu hätte ich nicht in die Großstadt ziehen müssen!“
Er versucht, sich mit seiner Beeinflussbarkeit rauszureden. „Wenn ich weggehe, dann bringt man mich leicht dazu, mehr zu trinken, als ich mir eigentlich vorgenommen habe. Dann kann ich das Lernen am nächsten Tag vergessen.“
„So gesehen müssten wir das gesamte Semester, wenn nicht sogar das gesamte nächste Jahr auf jegliche Feste verzichten, weil du dich von Prüfung zu Prüfung, von Lernen zu Lernen hangelst!“
Ich kann ihm dann nur noch anbieten, auf ihn aufzupassen, beim Weggehen. „Da komm‘ ich mir dann aber auch blöd vor! Ich bin ja nicht deine Mutter!“ Er zuckt mit den Schultern. Ich besinne mich und füge hinzu: „Beziehungsweise bin ich ja nicht meine Mutter, deine tut sowas ja nicht!“
Mittlerweile habe ich mich wieder gefangen, aber das folgende bringt mich wieder zum Heulen. Er meinte, er wüsste einfach mittlerweile nicht mehr, mit wem er denn weggehen sollte. Der Satzanhang „… wenn mich schon meine Mitbewohner und besten Freunde nicht auf Partys mitnehmen wollen“ schwingt ungesagt mit. Ich knüpfe an das Vorherige an und sage, dass ich ja prinzipiell kein Problem damit hätte, wenn er nicht mitgehen wolle, aber ich alleine unter lauter Unbekannten käme mir auch komisch vor. Und dann wüsste ich auch nicht mehr, mit wem ich denn weggehen sollte. „Ich hab‘ ja so gesehen nicht einmal die Chance dazu gehabt, mir einen externen Freundeskreis aufzubauen, wenn mein erstes Semester davon geprägt war, so wenig Zeit wie nötig in dem versifften Studentenheim zu verbringen, und danach sind wir schon zusammen gekommen.“
Wir stellen fest, wir haben eigentlich dasselbe Problem. Wir wollen daran arbeiten, das zu ändern. Also stehen wir im Prinzip wieder genau am Anfang.

Die Diskussion bringt mich dazu, über die Beziehung grundsätzlich nachzudenken. Enge ich ihn zu sehr ein? Hat er das Gefühl, nichts ohne meine Erlaubnis oder gar ohne mich machen zu können?
Sind wir tatsächlich innerhalb von eineinhalb Jahren um ungefähr 10 Jahre gealtert und jetzt ein fast schon verheiratetes, seine Abende vor dem Fernseher verbringendes Paar?
Sollte er seine Freunde darauf ansprechen, dass ihn ihr Verhalten verletzt hat? Wenn ja, wieso, wenn nein, wieso nicht? Sollte ich seine Freunde darauf ansprechen? Darf ich mir das überhaupt überlegen, wenn ich mir doch selbst nicht einmal im Klaren darüber bin, ob ich mich dazu durchringen könnte, wenn ich in seiner Situation wäre?


[edit 14:08]
Ich hatte gestern Nacht die unglaubliche Idee, den Hintergrund des Blogs in eine Papyrus- oder Pergament-Schriftrolle zu verwandeln. Dass ich mir dazu ein Bild herunterladen muss, ist mir klar. Falls mir jemand dabei behilflich sein könnte, wie ich das Bild dann in den Blog hineinbekomme, wär' ich äußerst dankbar! :)

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Hey,
wow das ist einfach hammer geschrieben!
ich lese deinen blog echt gerne.. also von nun an hast du eine leserin mehr!
echt toller blogg.
deine adriana
 

Vielen Dank. Es freut mich, dass es dir gefällt. :)

 
ach man, ich kenne das Problem, in abgewandelter Form..
Mr.Gaunt geht sehr gerne feiern und ist dann eigentlich auch immer gut betrunken. Was für mich prinzipiell kein Problem ist, ich weiß, worauf ich mich da eingelassen habe.
Nun bin ich aber nicht nur schüchtern, sondern hab eben einen leichten Schlag, ich hab schlicht Angst vor fremden Menschen, und das nicht zu wenig. Anfangs hieß es auch, er würde das schon verstehen usw, letzten Endes saßen wir dann mal bei einer Feier draußen und ich war fast am Heulen, weil er mein Problem eben nicht verstand/verstehen konnte, meinte, ich müsse ja "einfach nur machen", sich extrem belastet fühlt und ihm das eben zu schaffen macht. Nettterweise kam dann noch der Hinweis, seine Exfreundinnen seien ja nie so gewesen, und dass er sich unter solchen Umständen nicht vorstellen könne, zB auf ein Festival mit mir zu gehen. Oder wie das auf Dauer wird.
Den Hinweis, dass ich eben Zeit brauche, um mich an seinen riesigen Freundeskreis zu gewöhnen, hat er schon gehört, aber es dauert ihm anscheinend zu lange.
Ich gehe ja gerne am Wochenende weg und ich will ja auch was machen, aber es dauert eben und es ist nicht unbedingt einfach, wenn man jedes Mal mit mindestens sieben fremden, zum Großteil ein gutes Stück älteren Leuten konfrontiert wird, und eben keinen Ton rausbringt. Das beschäftigt ihn, logischerweise. Und deswegen habe ich ein schlechtes Gewissen, jedes Mal.
 

Es ist schwierig. Man möchte ja viel Zeit mit dem Partner verbringen, so viel Zeit wie möglich (obwohl ich auch schon von Seiten gehört habe, dass das bei manchen nicht so ist... Andere Baustelle...). Man möchte ja auch den Freundeskreis des Partners kennen lernen. Aber alle auf einmal ist natürlich schwierig. Und es immer allen Recht zu machen sowieso.
Man sollte dabei auf jeden Fall schauen, dass man selbst nicht auf der Strecke bleibt.

 
Dieses "selbst nicht auf der Strecke bleiben" ist teilweise schwierig umzusetzen, zumindest für mich. Ich gehöre allerdings zu den Menschen, die ständig Angst haben, etwas "falsch" zu machen/unzulänglich zu sein.

Freiräume sind schon wichtig, denke ich; in der aktuellen Beziehung möchte ich aber auch gerne möglichst viel Zeit mit dem Menschen an meiner Seite verbringen (was wohl auch daran liegt, dass wir uns normalerweise 1, 2 Tage die Woche sehen, wenn überhaupt, und das, wenn ich fürs Studium umziehen muss, wohl eher seltener als häufiger wird).
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Last update: 16. Mai, 13:02
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